Fachkräfte in Kita unterstützen,
im sich wandelnden Handeln bestärken

Fachtext von Michél Murawa, Berater für Partizipation im Modellprojekt „Der Teilhabe-Rabe und die Schatzkiste frühkindlicher Demokratieerfahrung“

Denn Programme [und Ansätze sowie Bildungskonzepte] können immer nur ausgewählte Momente von Bildungsangeboten festlegen. Die Situation, in der ein Angebot dann konkretisiert wird und gegebenenfalls bei einem Kind Bildungsprozesse auslöst, ist dann weitaus komplexer.

(Fried 2003, S. 62)

Das Bedürfnis der Fachkräfte nach konkret ausgearbeiteten praxistauglichen Handlungsmöglichkeiten für ihren intensiven und herausfordernden Kita-Alltag ist so nachvollziehbar wie es gleichzeitig an die Grenzen dessen stößt, was Wissenschaft und Beratungsstrukturen zeitnah bereitstellen können. Mit dem vorliegenden Artikel möchten wir einen Beitrag zu gegenseitigem Verständnis sowie zu gelingenderer Praxisunterstützung leisten.

Die Folgen von theoretischen Ansätzen auf das Handeln der Fachkräfte

Das Bild vom Kind in kindorientierten Ansätzen bringt aus der Sicht der Fachkräfte eine zentrale Herausforderung mit sich, die wie eine Entscheidung zwischen zwei scheinbar unversöhnlichen Polen auftritt: „Einerseits soll die bestmögliche Unterstützung für die Kinder ermöglicht werden, andererseits ist die Autonomie des Kindes zu stärken.“ (König 2009, S. 46) Dass pädagogisches Handeln hier oft bei der Beobachtung stehenbleibt, kann nicht verwundern: Wie viel und welche Art der Unterstützung erlaubt gestärkte kindliche Autonomie?

In der Kita bilden sich veränderten Lebensverhältnisse in der Gesellschaft ab. Fachkräfte müssen dort als die vielfältigeren Erfahrungen der Kinder berücksichtigen und in ihrem pädagogischen Handeln abbilden. Wenn wissenschaftliche Theorien den Fachkräften zu wenig praktisch nachvollziehbare neue Handlungsmöglichkeiten bieten, werden sie diese übergehen. Dass sie stattdessen aus ihre eigenen Alltagserleben heraus Begründungen für ihr Handeln finden und damit fortfahren, hängt demnach mit ihrer Wahrnehmung einer Alternativlosigkeit zusammen (vgl. König 2009, S. 38).

Um in der Praxis der Kita von den Fachkräften umgesetzt werden zu können, müssen die derzeit vorherrschenden situationsorientierten Ansätze „pragmatisch gedacht“ (König 2009, S. 47) werden: Sie müssen dem pädagogischen Handeln selbst und somit auch innerhalb der Beziehung zwischen Fachkraft und Kind mehr Orientierung bieten. Geschieht dies nicht, dann verliert sich die demokratische Grundhaltung im Alltag der Kindertageseinrichtungen. Auch die berechtigte Kritik an gesellschaftlichen Verhältnissen, die diesen Ansätzen zugrunde liegt, kann so keine Wirkung erzielen (vgl. König 2009, S. 47).

Kurz gesagt: Problem bekannt – und was nun?

Erkenntnisse aus Jahrzehnten der Forschungstätigkeit auch an und mit Kitas sind Urheber der bis heute präsenten pädagogischen Ansätze, die sich in vielen Kita-Konzeptionen nachlesen lassen. Nationale wie internationale Studien sprechen Bände darüber, wie ein bestimmter Ansatz bei tatsächlicher praktischer Umsetzung Kinder nachweislich erfolgreich auf Schule und Gesellschaft vorbereitet. Gelingende Praxis (als best practice bekannt) muss also mit Leben füllen, was theoretisch gut begründete Konzepte hergeben. Dieses reale Leben in der Kita ist vielschichtig, -stimmig, -gesichtig. Alltagspraktisches Handeln der Fachkräfte hat Gelingensfaktoren, die sich nicht selten schon bei „Personalschlüssel“ und „Ausstattung“ erschöpfen. Im Zentrum der aktuellen Qualitätsdiskussionen steht letztlich die Begegnung und Beziehung zwischen Fachkraft und Kind.

Dies ist der Kernbereich der Arbeit in der Kita. Hier erleben die Fachkräfte ihre Fähigkeiten als für sie angemessen. Ihr alltägliches Handeln können sie auf ihre praktische Erfahrung stützen, darin finden sie Sicherheit und Orientierung. Dies anerkennend liegt hier gleichzeitig der Schlüssel für den Umgang mit veränderten Anforderungen an die Fachkräfte.

5 Fragen für den Kitaalltag

Nehmen Sie sich ein bis zwei ruhige Minuten und stellen sich eine oder mehrere der folgenden Fragen. Sie brauchen noch keine abschließende Antwort darauf zu
haben.

  • Wann ergab sich heute eine spontane Möglichkeit, intensiver ins Gespräch mit einem oder mehreren Kindern zu kommen?
  • Wovon handelte oder worum drehte sich das Gespräch?
  • Wie habe ich diese Gelegenheit genutzt?
  • Was davon möchte ich bei nächster Gelegenheit wiederholen, was könnte ich mir auch anders vorstellen?
  • Wie hat es sich für mich angefühlt?

Seien Sie bei der Beantwortung gern wohlwollend mit sich. Tauschen Sie sich auch mit anderen Fachkräften darüber aus, wenn Sie mögen.

Kurz gesagt: Problem bekannt – und was nun?

Wenn Beobachtungen über das eigene Handeln Schritt für Schritt Eingang in den Arbeitsalltag finden, ist damit die Grundlage gelegt, um immer wieder auch spontanen Begegnungs- und Bildungsgelegenheiten zu erkennen. Vertraute, hilfreichen Routinen und privates Wissen stehen weiterhin zur Verfügung. Sie schaffen die Sicherheit für neue Erfahrungen, die an bestehende anknüpfen. Solche jeweils eigenen Anpassungs- und Lernprozesse bei Fachkräften zu unterstützen, sehen wir im Modellprojekt als unsere Aufgabe an. Die Haltung zum Kind bildet die Basis von Teilhabe.

Weitere Informationen und Literatur

Das Zusammen wirkt.

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