Partizipation – Teamkultur – Teamentwicklung

von Sabine Sölbeck,
Beraterin für Partizipation im Modellprojekt „Der Teilhabe-Rabe und die Schatzkiste frühkindlicher Demokratieerfahrung“

Teamentwicklung hin zu mehr Umsetzung von Alltags-Partizipation beginnt nicht erst bei Konflikten relevant zu werden, sondern bspw. auch, wenn neue Kolleg*innen in der Kita anfangen zu arbeiten. Ein gutes Team-Klima von Anfang an und ein gutes Kennen(lernen) unter Kolleg*innen sind eine Voraussetzung für eine gelingende Zusammenarbeit. Ein Kita-Team unterscheidet sich von anderen Teams, umso wichtiger ist eine gute Teamkultur. Denn die Kita ist weder ein Dienstleistungs- noch Industrieunternehmen, sondern hier arbeiten Menschen miteinander, und das in enger Beziehung mit den Jüngsten. Jede Fachkraft mit der eigenen Biografie, Herkunft, Persönlichkeit, Haltung und unterschiedlichen Fähigkeiten ist in einem Kita-Team als Person wertvoll und immer persönlich sowie menschlich präsent. Ein Team ist so gut, wie die Fähigkeiten der Einzelnen zusammenspielen. Als Fachkraft in der Kita bringt man sich als ganzer Mensch ein. Und: Für viele Fachkräfte ist der Job gerade deshalb so interessant, weil sie spannenderweise mit vielen Persönlichkeiten zusammenarbeiten (was bei Konflikten sicher auch mal knifflig sein kann).

Wenn Kita mittels Teamkultur mehr Alltags-Partizipation umsetzen möchte, braucht es:

Vision

 

 

Zentral ist die Vision: Teams brauchen eine eigene Vision. Sie teilen die Vorstellung, z.B. in einer Kita-Konzeption, dass sie eine möglichst klare und zeitgemäße Vorstellung von der Pädagogik
vor Ort haben, die sie prozesshaft,
wiederholend, gemeinsam reflektieren wollen.

Fachkräfte kennen sich

 

Aus der Erfahrung heraus ist es von Vorteil, wenn sich ein Team sehr gut kennt. Dafür nimmt sich ein Team möglichst Zeit, auch dies sollte ein sich wiederholender Vorgang sein. Die unterschiedlichen Fähigkeiten des Einzelnen helfen dem Team. Und: Jedes Team behandelt sich selbst partizipativ.

Wichtigkeit jedes Einzelnen

 

Um Visionen umzusetzen, braucht es den Einzelnen und die Einzelne. Jede*r Kollege*in bringt eine eigene Sicht der Dinge mit, hat Stärken, Passionen und Herangehensweisen. Die Unterschiedlichkeit darf als Gewinn sowie als Ressource zur Aufgabenerfüllung gesehen werden und für die effektive Zusammenarbeit im Team.

Zeitgemäße Pädagogik

 

Früher gab es in der Pädagogik die Vision des Gehorsams und der Anpassung, Kinder sollten sich einfügen und machen, was man ihnen sagt. Heute haben wir zum Glück eine andere Vision. In dieser sollen Kinder mitgestalten und selbstwirksam sein, eine starke Identität entwickeln, Nein sagen lernen, etc.

Reflexion von Haltung

 

Heute existiert die Vision des partizipatorischen und mündigen Kindes. Je nach Denkweise offenbart sich in den kleinen Alltagssituationen, ob eine Fachkraft im Früher oder Heute lebt. Das hat große Auswirkungen. Diese Fragen reflektieren Haltung: Wie ist mein Denken? Wie ist mein Bild vom Kind? Und wie gehe ich mit Kindern um?

Vereinbarungen

 

Es braucht Vereinbarungen, welche sich die Fachkräfte ganz persönlich überlegen: Was kann ich dazu beitragen, dass wir im Team eine gute oder bessere Zusammenarbeit haben?

Die Vision im Auge behalten

Es ist wichtig, dass sich jede Einrichtung ehrlich auf den eigenen Weg macht, weil es gerade die Unterschiedlichkeit eines jeden Teams gibt und ebenso auch ganz unterschiedliche Familienkonstellationen, die mit der Kita in Kontakt stehen. So werden Haltung und Denkweisen viel besser reflektiert, den es existiert keine allgemeine Anleitung für eine Vision. Wenn jedes Team beginnt, stärker seine Vision zu leben, wird es eine gemeinsame Kraft entwickeln.

Konflikte sind Chancen der Teamentwicklung

Was können Konfliktfelder in der Kita sein?

Zeitmangel – Personalmangel – Krankenstand – Betreuungsschlüssel – zu wenig Absprachen – keine konkreten Vereinbarungen – fehlende Kommunikation – Konkurrenz – Bedenken (das klappt doch nie) – fehlende Solidarität – kaum inhaltliche Reflexion – zu viel Orga – Verunsicherung – Ängste vor Veränderung etc.

Aus Konfliktfeldern ergeben sich häufig Verhaltensweisen, die von Kolleg*innen nicht verstanden werden (können). Konflikte können verhärten oder sogar in stille Konflikte übergehen, wenn sie nicht zur Sprache gebracht werden. Ein Team nimmt sich also bestenfalls Zeit für die Ansprache auf Konflikte, z.B. auf Teamtagen oder anteilig in Dienstbesprechungen. Ein Team mit Teamkultur bespricht sich in Anerkennung und Wertschätzung miteinander. Heute ist es bei allen angekommen und auch aus der Neurobiologie bekannt: Es tut Menschen gut, zu hören: „hey, das machst du aber gut!“, „Das ist dir gut gelungen!“, „Wie hast du das hinbekommen!“…

Positive Rückmeldekultur etablieren

Jede Fachkraft ist eine mündige Person und kann sagen, wie sie sich Rückmeldungen vorstellt. Positives kommt immer zuerst. Jede*r Einzelne kann rückmelden, was im Konfliktfall passieren soll. Ein Team kann zum Beispiel Befindlichkeitsrunden etablieren: Was ist die Woche richtig gut gelaufen? Was hätte ich mir mehr gewünscht? Was und wo hätte ich mehr gebraucht? Dabei ist es sehr sinnvoll, auf die Sprache zu achten: Wie rede ich wertschätzend mit dem*der Kolleg*in?

„Konflikte sind grundsätzlich positiv zu bewerten, denn sie…

… bilden Teamprozesse ab – zeigen Handlungsbedarf – verdeutlichen Probleme und Störungen – stärken Motivation zur Veränderung – fordern die Kreativität – verlangen nach Reflexionsfähigkeit – ermöglichen Selbstwirksamkeit und Kompetenzerleben – verstärken resiliente Kompetenzen – vertiefen zwischenmenschliche Beziehungen – bringen das Team gemeinsam weiter“

Przybilla & Rossmeissl (2023):

"Motivierende Teamarbeit", S. 73

 Weitere Informationen und Literatur

  • Przybilla, Andrea / Rossmeissl, Dieter (2023):  Motivierende Teamarbeit, Verlag Herder

Das Zusammen wirkt.

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